Raus aus dem Jammersumpf

Raus aus dem Jammersumpf„So viel Arbeit!“, „Schon wieder eine Veränderung!“

Wer kennt sie nicht, diese Sätze mit dem jammervollen Unterton, wenn einen wieder einmal der Alltagsfrust eingeholt hat?

Margit Hertlein, Kommunikationstrainerin und Coach, zeigt in unserem heutigen Buchtipp Raus aus dem Jammersumpf, wie man mit Humor und Kreativität Durststrecken überwindet und am Ende das gewünschte Ziel erreicht.

In jeder Branche, in jedem Berufsfeld kann gejammert werden und wird es auch.

Aber es ist nicht das Jammern an sich das Problem, nein!

Das gemeinsame Jammern der Angestellten ist mehr Symptom eines grundlegenderen Leidens. Der Jammersumpf nährt sich aus Enttäuschung über den Job und mangelnder Wertschätzung am Arbeitsplatz. Und das sind Dinge, die auf Dauer keinem gut tun.

Sehen wir uns diesen Jammersumpf und seine Geschichte kurz genauer an.

Der Jammersumpf ist das – durchaus nachvollziehbare – Resultat einer zutiefst menschlichen Erfahrung: der Ernüchterung. Ein gesunder Mensch malt sich seinen Start ins Berufsleben gerne bunt aus. Er hatte ja Gründe, dass er oder sie sich gerade für diesen konkreten Job entschieden hat.

Aber dann kommt der Alltag und man realisiert: „Das ist ja ein ganz normaler Job, den ich da habe, stellt der elanvolle Idealist bald fest. Ich rette ja gar nicht jeden Tag die Welt oder verbessere sie“; den Job hat schon Bruce Willis übrigens bereits. Beim Abgleich von Wunsch und Wirklichkeit schneidet die Realität in aller Regel schlecht ab.
Da schmelzen sie dahin die eigenen Ziele und Wünsche, die man sich in Unkenntnis der Realität vorab gesetzt hatte. Der Job gibt einem nicht das, was man sich von ihm erwartet hatte. Die Arbeit ist manchmal langweilig, manchmal hart und manchmal unbedeutend. Das gilt es zu verkraften. Hinzu kommen die ganz normalen Probleme eines Arbeitsverhältnisses. Zänkische Kollegen, Patienten, Kunden, Klienten, Geschäftspartner, Vorgesetzte, der jeden Fehler tadelt, aber nie ein Lob ausspricht. Das alles verbindet sich zu einem hartleibigen, großen Knoten Frust.

Das emotionale Tal, das sich nun auftut, ist umso tiefer, je größer vorher Begeisterung, Idealismus und Neugier waren. Wir befinden uns an einer der entscheidenden Quellen des Jammersumpfes. Denn: Weiß man nicht mit der Ernüchterung umzugehen, kann aus ihr eine handfeste und hartnäckige Frustration werden. Dann dauert es nicht mehr lang und der örtliche Jammersumpf hat einen Bewohner mehr.

Das Fatale ist, dass der Jammersumpf scheinbar hilft.

Der Jammersumpf ist wie der Schluck Alkohol für den Alkoholabhängigen. Im Kreis der jammernden Kollegen versichert man sich gegenseitig seiner Heldenhaftigkeit, angesichts katastrophaler Umstände trotzdem seine Frau, seinen Mann zu stehen. Man findet die Wärme, die Anerkennung, die man zuvor vermisst hat.

Ändern wird das allerdings überhaupt nichts. Und darüber hinaus wähnen sich Menschen im Jammersumpf als die Klügeren, denn sie haben schließlich die Schwachstellen im Berufsalltag durchschaut, sie kennen die Kluft zwischen Ideal und Realität. Allerdings erkennen die Jammerer dabei nicht, dass sie sich nicht einfach über die Alltagssituation beschweren, sondern das ihr Jammern Teil ihrer Alltagssituationen geworden ist – blöd gelaufen. Denn Jammern will nichts ändern – Klagen schon und die beiden werden gerne verwechselt.

Also: Was tun, um nicht in den Sumpf zu geraten?

Entscheidend ist die Einsicht, dass Ernüchterung zum Leben gehört wie das lästige Qualitätsmanagement zu Krankenhäusern und der Medizinische Dienst zu Pflegeheimen. Wer das begriffen hat, verkraftet es leichter, wenn nicht alle Hoffnungen, die er mit seiner Arbeit verbindet, sofort in Erfüllung gehen. Ernüchterung ist wie Regenwetter, nichts, worüber man sich freut, aber etwas, das es zu akzeptieren gilt.

Wer bereits im Morast des Jammersumpfes steckt, sollte tunlichst aufhören, wütend vor sich hin zu strampeln. Sonst gerät man nur noch tiefer hinein. Und damit schwinden Loyalität und Motivation von allen. Stattdessen sollte man sehen, festen Boden unter die Füße zu bekommen. Den muss man sich allerdings selbst bauen. Etwa, indem man nicht das Ideal seiner Wünsche gegen den grauen Arbeitsalltag stellt, sondern die kleinen, erfreulichen Dinge, die Erfolge für sich selbst wert schätzt. Denn jeden Tag laufen nicht nur Dinge schief, sondern es klappt auch so manches. Leider hat uns aber die Evolution neben vielen anderen netten Dingen, nicht nur das Überleben ermöglicht, sondern auch ein paar unangenehme Verhaltensweisen mitgegeben. Eine davon ist, dass wir uns viel stärker an unangenehme Ereignisse erinnern, als uns von angenehmen verzücken zu lassen.

Klar, zum Überleben war es wichtig, dass wir uns die gefährlichen und unangenehmen Situationen gut merken konnten. Das Unangenehme wird schnell gelernt, gut erinnert und das bis heute. Die Taktik ist also sich bewusst an die guten, schönen und vielleicht sogar tollen Momente im Alltag zu erinnern. So kann man sich tatsächlich an den eigenen Haaren aus dem Sumpf ziehen. Am besten richten Sie Ihre Augen auf das, was funktioniert und nicht auf das, was problematisch ist, was läuft bei Ihnen „ganz gut“ – es muss ja nicht sofort super toll sein. Einfach ist dieser Wechsel der Blickrichtung nicht, aber ungeheuer erleichternd.

Haben Sie sich freigeschwommen, müssen Sie nicht gleich sämtliche Kollegen retten, denn dabei ist Vorsicht geboten. Die Jammersümpfler hören es nicht gerne, wenn man ihnen allzu offensiv vorhält, dass die gemeinsame Beschwerderunde nicht zielführend ist. Schnell wendet sich die Stimmung gegen den allzu forschen Verbesserer. Versuchen Sie lieber, die Gespräche in homöopathischer Dosierung auf die richtige Spur zu bringen. Erklären Sie nicht, was sich wie ändern muss, fragen Sie Ihre Kollegen, welche Auswege sie selbst sehen.

Und denken Sie immer daran, der einfachste Weg, dem Sumpf zu entgehen, ist es, ihn gar nicht erst zu betreten. Haben Sie das geschafft, dann geben Sie Ihren Kollegen, Ihren Vorgesetzten, Ihren „Kunden“ die Wertschätzung und Anerkennung, die sich alle – genauso wie Sie selbst – wünschen. Dann machen Sie die Welt mit dem, was Sie täglich tun, tatsächlich ein kleines Stück besser und entspannter.